Solltest du schon einmal ein Seminar zum Thema Unternehmensführung besucht haben, hat dir jemand bestimmt diesen Satz um die Ohren gehauen: „Nichts ist teurer als einen Kunden zu verlieren.“
Klingt logisch, oder? Denn alle Kund:innen, die nicht mehr bei dir shoppen, kosten dich 100 Prozent des potenziellen Umsatzes, den du mit ihnen noch hättest machen können. Graben wir noch ein wenig tiefer, wird es allerdings viel schlimmer.
Denn Menschen besuchen deinen Shop höchst selten aus einer Laune heraus. Sie müssen angelockt werden – und das kostet Geld: für Marketing, Vertrieb, SEO oder SEA. Das heißt, du machst nicht nur Verlust, wenn dir bereits gewonnene Kund:innen abhandenkommen. ALLE Besuchenden, die du nicht von einem Einkauf bei dir überzeugen kannst, bedeuten ein Minusgeschäft.
Die Betriebswirtschaft führt diese Kosten als Kennzahl der Customer Acquisition Cost (CAC; Deutsch: Kundenakquisitionskosten). In diesem Beitrag erklären wir, wie du die CAC berechnest, wie du mit der Zahl richtig operierst und wie du deine Customer Acquisition Cost optimieren kannst.
Aber wie immer starten wir zunächst mit dem Grundsätzlichen:
Die Definition: Was sind die CAC?
Unter den Customer Acquisition Cost (CAC) versteht die Betriebswirtschaftslehre alle Kosten, die für ein Unternehmen anfallen, um Kunden zu akquirieren. Dazu gehören sämtliche getroffenen Maßnahmen, um ein Angebot bekannt zu machen, potenzielle Kund:innen von seinem Mehrwert zu überzeugen und letztlich zu einem Kauf zu animieren.
In die CAC können somit viele einzelne Kostenpositionen einfließen: Etwa die Ausgaben für Werbung und die Gehälter der Marketingabteilung, Messeauftritte, die Kosten für den Vertrieb, aber auch das Honorar für den Fotografen, der die Produktbilder knipst, oder die Texterin, die die SEO-Texte verfasst.
Die Customer Aqcuisition Cost lassen sich entweder als Gesamtsumme aller Akquisekosten darstellen oder als Durchschnittswert über alle Kund:innen herunterbrechen. Mithilfe ausreichend großer Datensätze und unter Beteiligung entsprechender Algorithmen ist es theoretisch sogar möglich, die CAC für einen einzelnen Kunden zu berechnen. Allerdings besitzt eine so exakte Aufschlüsselung im Onlinehandel oft nur einen geringen Wert – und der nächste Datenschutzbeauftragte scharrt auch schon mit den Hufen.
Taschenrechnerarbeit: Wie werden die Customer Aqcuisition Cost berechnet?
Die Berechnung der CAC an sich ist nicht besonders schwer. Du addierst zunächst sämtliche Ausgaben, die du für die Gewinnung von Neukund:innen in einem bestimmten Zeitfenster getätigt hast. Der Einfachheit halber werden diese Ausgaben meist dem Vertrieb und dem Marketing zugeordnet.
Die erste Formel heißt also:
Die so berechnete Zahl dividierst du anschließend durch die Anzahl der Neukund:innen, die du in dieser Zeit tatsächlich gewonnen hast.
Als Formel:
Customer Akquisition Cost im Marketing und Vertrieb
Schwieriger als das Rechnen selbst ist wahrlich die Frage, welche Kosten in die Berechnung der vollständigen Akquiseausgaben einfließen sollten. Schnell können einzelne Kostenpositionen vergessen werden. Als grobe Übersicht:
Cost of Marketing
Gehälter, Ausgaben für SEO und SEA, Anzeigen, Content, Veranstaltungen, aber auch Werkzeuge wie das neue Keyboard für den Texter oder das Farbrad für die Designerin.
Vertriebskosten
Gehälter, Provisionen, Reisekosten, Telefonie, Spesen, aber auch hier eher ungewöhnliche Ausgaben wie die Visitenkarte oder der Geburtstagsstrauß für den Kontakt beim potenziellen Großkunden.
Keine CAC und Kosten-Grauzonen
Definitiv nicht zu den Customer Acquisition Cost gehören Ausgaben im operativen Geschäft – also etwa Wareneinkauf, Logistik oder Kundenservice.
Außerdem kann es Grauzonen geben: Contentmarketing mithilfe regelmäßiger Blogbeiträge lockt natürlich Neukund:innen an, dient aber auch dazu, die bereits bestehende Kundschaft zum erneuten Besuch deines Shops anzuregen.
Solltest du bei einer Ausgabe einmal ratlos sein, gilt deshalb: Immer zugunsten des positiven Irrtums rechnen. Besser, du schlägst dein Content-Marketing den CAC zu und wirst von einem höheren Gewinn überrascht, als mit geringen Customer Aqcuisition Cost zu rechnen, nur um anschließend rote Zahlen zu schreiben.
Pflichtlektüre für alle Händler:innen: Shopifys neues Kassensystem Checkout Extensibility
Die CAC-Berechnung im Zahlenbeispiel
Für alle, die Angst vor Formeln haben, rechnen wir alles einmal kurz vor. Als Ausgaben für die Kundenakquisition verbuchen wir in einem betrachteten Zeitraum:
Kostenposition |
Betrag |
Gehälter Marketing |
10.000 € |
Gehälter Vertrieb |
5.000 € |
SEO |
2.500 € |
SEA |
1.000 € |
Social Media Kampagne |
500 € |
Summe |
19.000 € |
Unsere totalen Akquisitionskosten liegen also bei 19.000 EUR. Nun müssen wir nur noch die Anzahl der Neukund:innen kennen, die in unserem Zeitfenster gewonnen werden konnten und anschließend einmal dividieren.
Beläuft sich die Anzahl der Neukund:innen auf 800 Stück, hätten wir also:
Pro gewonnenem Neukunden oder gewonnener Neukundin, haben wir damit einen Betrag von 23,75 EUR investiert.
Zusammenspiel mit dem CLV: Was ist der Wert der Customer Aqcuisition Cost?
Für sich alleine betrachtet ist die Customer Acquisition Cost noch nicht besonders aussagekräftig. Denn im Moment könnten die 23,75 EUR, die wir gerade ausgerechnet haben, so gut wie alles bedeuten: Verkaufst du Edelschuhe für 800 EUR das Paar, hast du gerade den Jackpot geknackt. Gibt es bei dir dagegen gemischte Weingummitüten für 5 EUR das Stück, sieht die Sache schon anders aus.
Allerdings auch nur dann, wenn Naschkatzen und -kater lediglich einmal bei dir einkaufen. Bestellen sie ihren klebrigen Snack jede Woche und das über viele Jahre bist du wieder im Jackpot-Land. Es wäre also gut zu wissen, wie viel Geld du an deinen Kund:innen verdienst, solange sie deine Kund:innen sind.
Diese Zahl nennt die Betriebswirtschaft den Customer Lifetime Value (CLV) – und wir haben dieser wichtigen Kennziffer bereits einen eigenen Beitrag gewidmet. Wie du sie berechnest, liest und optimierst, erfährst du dort.
Unbedingt lesen: Alles Wichtige zum Customer Lifetime Value im Onlinehandel
Uns interessiert an dieser Stelle vor allem das Verhältnis zwischen CLV und CAC. Denn stellst du die beiden Zahlen einander gegenüber, lassen sich daraus wichtige Informationen über die Wirtschaftlichkeit deines Business ablesen. Es gilt:
CLV:CAC kleiner 1:1
Liegt dein CLV im Verhältnis unter deinen CAC, machst du mit jedem Verkauf Verlust. Langfristig ist das natürlich schlecht; kurzfristig allerdings kann es eine bewährte Marketingtaktik sein. Lockvogelangebot nannte sich der Trick früher: Mit niedrigen Preisen die ersten Kund:innen anlocken und so massiv für Markenbekanntheit sorgen. Hat sich die Brand dann etabliert, werden die Preise angezogen.
CLV:CAC gleich 1:1
Ist der CLV genauso groß wie die CAC, machst du immer noch Verlust. Denn vergiss nicht, dass deine Fixkosten, wie die Miete für deine Geschäftsräume, nicht in die Berechnung der Customer Aqcuisition Cost einfließen. Von diesem Verhältnis solltest du möglichst schnell wegkommen.
CLV:CAC gleich 3:1
Ein CLV, der dreimal so hoch ist wie die CAC gilt als goldenes Mittelmaß. Auf dieses Verhältnis solltest du hinarbeiten, wenn du langfristig maximal profitabel operieren möchtest.
CLV:CAC größer 3:1
Liegt dein CLV deutlich über deinen CAC, ist das für den Moment hervorragend – du erinnerst dich an den Jackpot von weiter oben?
Auf lange Sicht solltest du allerdings den gewonnenen Spielraum nutzen, um dein Geschäft weiter auszubauen. Denn ein sehr hoher CLV bei gleichzeitig niedrigen Customer Aqcuisition Cost ist meist ein Hinweis auf bisher nicht ausgeschöpftes Marktpotenzial. Investiere also stärker in Marketing und Vertrieb, um noch mehr Neukund:innen zu generieren und deinen Gewinn langfristig zu steigern.
Lesetipp: Noch mehr wertvolle Metriken für dich – der Average Order Value
Optimierungsmaßnahmen à la Shopify Nerds: Wie können die CAC gesenkt werden?
Was kannst du nun tun, wenn deine Customer Aqcuisition Cost so hoch ausfallen, dass sie den CLV förmlich auffressen? Klar, die einfachste Option hieße, die Marketingausgaben zu reduzieren. Allerdings ist dies selten im Sinne des Erfinders (oder der Erfinderin), denn wenn niemand dein Angebot kennt, machst du auch keinen Umsatz.
Deutlich besser sind diese Maßnahmen:
#1 Verbessere deine Conversion Rate
Wenn du aufmerksam mitgelesen hast, wirst du bemerkt haben, dass in die CAC nur jene Menschen einfließen, die deinen Shop nicht nur besuchen, sondern dort auch kaufen. Dein oberste Maxime lautet daher: Erreiche eine gute Conversion Rate – wandle also so möglichst viele Besuchende in Kaufende um.
Lesetipp: Unser Guide für deine Conversion Rate Optimierung
Dies erreichst du natürlich durch eine ansprechende Produktpalette, aber auch durch hervorragende Produktbilder, begeisternde Produktbeschreibungen, starken Content, faire Umtauschbedingungen, die richtigen Bezahlmöglichkeiten und Versandoptionen oder perfekte SEO-Texte in deinem Store.
Achte zudem darauf, eine ganz spezifische Zielgruppe anzusprechen, deren Bedürfnisse dein Produkt wirklich erfüllen kann. Du hast nämlich wenig davon, wenn eine breite Masse deinen Shop besucht und ihn schleunigst wieder verlässt, weil der Fit einfach nicht stimmt.
Vergiss außerdem nicht den technischen Aspekt! Auch eine langsam ladende Webseite lässt Besucher:innen abspringen. Und manchmal reicht bereits ein unklar beschrifteter Button aus, um deine potenziellen Kund:innen in die Flucht zu schlagen.
Lesetipp: Mach Schluss mit den Conversion-Killer-Buttons durch A/B-Testing
Mehr Konvertiten bedeutet für dich in jedem Fall bessere CAC.
#2 Optimiere dein Targeting
Abgesehen vom Blumengießen war das Gießkannenprinzip noch nie eine gute Idee. Wenn du versuchst, mit deiner Marketingkampagne jeden und jede abzuholen, läuft deine Werbung einfach ins Leere.
Lerne daher möglichst viel über deine Bestandskundschaft und finde heraus, wer eigentlich bei dir einkauft. Wie alt sind diese Menschen? Welches Geschlecht haben sie? Gehören sie einer kulturellen Subkultur an? Und wo beginnen sie überhaupt ihre Customer Journey?
Je mehr du über deine Kundschaft weißt, desto gezielter kannst du sie ansprechen, abholen und mitnehmen – von der Kampagne auf Social Media über die Google-Suche hin zum Design deines Shops. Jeder ins Marketing investierte Euro macht sich so gleich viel stärker bezahlt und sorgt für verbesserte Customer Aqcuisition Cost.
Lesetipp: Erfahre mehr über deine Kund:innen mit GA4 und Conversion Tracking
#3 Nutze das Potenzial deiner Bestandskundschaft
Trends im Web werden nicht nur durch klassisches Marketing losgetreten. Oft geht eine Seite, ein Meme oder eben ein Produkt viral, weil einfach darüber gesprochen wird. Auf Insta, TikTok oder Reddit – oder einfach nur in der Familiengruppe auf WhatsApp.
Und wann sprechen die Menschen über etwas? Entweder, wenn sie sich kolossal darüber aufregen oder sich komplett für eine Sache begeistern. Also: Begeistere deine bereits bestehende Kundschaft; durch perfekten Service, tolle Angebote, offene Kommunikation oder eine reibungslos funktionierende Retoure und sorge so dafür, dass sie über dich spricht.
Lesetipp: Erfahre, was deine Kund:innen sich wirklich wünschen – mit Shopify Analytics
Schließlich ist die beste Werbung immer die, die du kostenlos bekommst. Wenn dein persönlicher Shop-Hashtag dann einen gewissen Schwellenwert übersteigt, potenziert er sich fast wie von selbst und du kannst dich vor Kund:innen und irrsinnig guten Customer Aqcuisition Cost kaum noch retten.
Kundenakquisitionskosten: Genau deine Metrik
Und damit kannst du jetzt voll mitreden. Du weißt, was die CAC sind und wie du sie berechnest, welche Zahlen dazugehören, welche nicht und warum manche ein wenig schwammig sind. Vor allem aber kannst du nun wertvolle Informationen zu deinem Business aus dem Zusammenspiel zwischen CLV und CAC ableiten und weißt genau, wo du den Hebel ansetzen musst, wenn deine Customer Aqcuisition Cost suboptimal ausfallen.
Wenn dir zukünftig also jemand mit dem schlauen Satz aus unserer Einleitung kommt, antwortest du standhaft: „Nichts ist teurer als einen Kunden erst gar nicht zu gewinnen.“
Danach präsentierst du ihnen deine CAC und dropst den Mic. Bei der vorangegangenen Optimierung helfen wir dir gerne.
Titelbild: Brady Rogers, weitere Bilder: Marek Studzinski, Craig Sybert, Eshop Guide-Redaktion